BVERWG: GESETZLICHE VERPFLICHTUNG ZUR VORRATSSPEICHERUNG VON TELEKOMMUNIKATIONS-VERKEHRSDATEN VERSTÖßT GEGEN UNIONSRECHT

Nach Ansicht des BVerwG (BVerwG 6 C 6.22 – Urteil vom 14.08.2023) steht die in § 175 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 176 TKG geregelte Verpflichtung der Anbieter öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste zur Speicherung der entsprechenden Telekommunikations-Verkehrsdaten Art. 15 Abs. 1 der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation entgegen. Aufgrund des Anwendungsvorranges des Unionsrechts ist § 175 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 176 TKG daher unanwendbar.

Nach Ansicht des BVerwG (BVerwG 6 C 6.22 – Urteil vom 14.08.2023) steht die in § 175 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 176 TKG geregelte Verpflichtung der Anbieter öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste zur Speicherung der entsprechenden Telekommunikations-Verkehrsdaten Art. 15 Abs. 1 der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation entgegen. Aufgrund des Anwendungsvorranges des Unionsrechts ist § 175 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 176 TKG daher unanwendbar.

Geklagt hatten zwei Telekommunikationsunternehmen. Hierbei rügten sie die in § 175 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 176 TKG geregelte Verpflichtung der Speicherung von Telekommunikations-Verkehrsdaten ihrer Kunden. Die gesetzliche Regelung sieht eine zehnwöchige Speicherfrist vor, wobei vom Umfang der Speicherung u.a. die Rufnummer, Beginn und Ende der Verbindung oder Internetnutzung bzw. die Zeitpunkte der Versendung und des Empfangs der Kurznachricht, zugewiesene Internetprotokoll-Adressen, Benutzungskennungen sowie Kennungen der Anschlüsse und Endgeräte umfasst ist. Zu erhebende Standortdaten unterliegen mithin einer vierwöchigen Speicherfrist.

Das VG Köln (VG Köln, VG 9 K 3859/16 – Urteil vom 20.04.2018) hatte als Vorinstanz die Unionsrechtswidrigkeit der präventiven gesetzlichen Speicherverpflichtung festgestellt. Auf Sprungrevision der Beklagten hatte das BVerwG die beiden Verfahren ausgesetzt und ein Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH gem. Art. 267 AEUV in die Wege geleitet, wobei der EuGH die Unionsrechtswidrigkeit bejaht und das BVerwG die Sprungrevision der Beklagten daraufhin zurückgewiesen hatte. Das BVerwG sieht, unter Berücksichtigung der Entscheidung des EuGH, die Unvereinbarkeit der gesetzlichen Regelung mit dem Unionsrecht mithin in der von der gesetzlichen Regelung geforderten unverhältnismäßigen Menge an zu erhebenden Daten, was im Ergebnis dem Grundsatz der Datenminimierung zuwiderlaufe. Des Weiteren bestehe keine Zweckbindung zwischen den zu erhebenden Daten und dem damit verfolgten Ziel. Da zudem durch die Regelung unterschiedliche Grundrechte tangiert werden, sei mit den hohen Anforderungen, welche das Unionsrecht erfordere, eine jeweils gesonderte Rechtfertigung nötig, an welcher es vorliegend mangele und mithin der Grundsatz der Transparenz verletzt sei.

Da es sich bei den Vorschriften des europäischen Datenschutzrechts um Schutzvorschriften handelt, seien diese auch grundsätzlich in einem engen Kontext zu handhaben, um die Schutzanforderungen nicht durch eine entsprechende Auslegung zu konterkarieren. Deswegen verbiete sich nach Ansicht des BVerwG vorliegend auch eine unionsrechtskonforme Auslegung, da Kernelemente des europäischen Datenschutzrechts betroffen sind, welche einen umfassenden Schutz personenbezogener Daten der europäischen Bürger beabsichtigen.