LG BERLIN: KEINE WERBUNG MIT STERN-BEWERTUNGEN WENN NOCH KEINE BEWERTUNGEN VORHANDEN

Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 24.09.2021 entschieden, dass die Werbung mit einer positiven Stern-Bewertung irreführend ist, wenn noch keine Bewertungen vorhanden sind.

Das Landgericht Berlin hat mit Urteil vom 24.09.2021 entschieden, dass die Werbung mit einer positiven Stern-Bewertung irreführend ist, wenn noch keine Bewertungen vorhanden sind.

In dem Verfahren ging es um die Beklagte, die online als Händler Fahrräder und Fahrradzubehör verkauft. Auf der Website der Beklagten befand sich eine Übersicht aller Produkte, wobei die Produkte mit einer in gelber Farbe gehaltenen Sternebewertung vorgestellt wurden. In vielen Fällen waren fünf Sterne abgebildet. Wurde ein Produkt ausgewählt, erschien eine Übersichtsseite für das entsprechende Produkt, wobei dort ebenfalls fünf Sterne angezeigt wurden, jedoch mit dem Zusatz „(0)“ dahinter. Zudem befand sich unten auf der Seite ein Feld mit dem Titel „Kundenbewertungen für …“ sowie dem kleingedruckten Hinweis „Leider ist noch kein Eintrag vorhanden“.

Das LG Berlin hat entschieden, dass die Beklagte die Nutzer über tatsächlich nicht abgegebene Kundenbewertungen getäuscht hat. Das Gericht begründete seine Auffassung damit, dass der durchschnittlich aufmerksame und informierte Verbraucher den Zusatz von fünf Sternen bei der Produktbezeichnung dahingehend versteht, dass Kunden, die das Produkt zuvor gekauft hatten, es als in jeder Hinsicht positiv beurteilen, wobei nach Auffassung des Gerichts der Gebrauch von „Sternen“ im Internet üblich ist und von Kunden auch so verstanden wird.

Das Gericht führt in seiner Entscheidung weiter aus, dass ein Interessent, der eine Übersichtsseite aufruft, in seiner entsprechenden Erwartung enttäuscht wird, wenn überhaupt keine Kundenbewertungen vorliegen. Der Kunde würde nach Ansicht des Gerichts dadurch zu einer geschäftlichen Handlung verleitet, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Dies gilt nach Ansicht des Gerichts auch schon dann, wenn der Kunde sich nur mit dem Produkt befasst, ohne es zu kaufen, da schon das Aufrufen einer Produktunterseite, um sich näher mit einem von Kunden vermeintlich besonders gut bewerteten Produkt zu befassen, mit dem Betreten eines Geschäfts gleichzustellen ist, so dass es sich um eine geschäftliche Entscheidung handelt.

Der Irrtum wurde durch die Beklagte im vorliegenden Fall auch nicht aufgeklärt. Nach Auffassung des Gerichts ist es zwar möglich, dass eine in Klammern gesetzte Zahl hinter den Sternen vom Nutzer als Hinweis auf die Anzahl vom Kommentaren verstanden wird, es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass der Interessent, der vermeintlich ein Spitzenprodukt aufruft, der Wiedergabe der Sterne auf der folgenden Seite überhaupt noch Aufmerksamkeit widmet – denn die gewünschte Information war aus seiner Sicht ja schon auf der Übersichtsseite enthalten. Die Aufklärung eines solchen bereits eingetretenen Irrtums würde nach Ansicht des Gerichts einen klaren und unmissverständlichen - deutlich hervorgehobenen - Hinweis benötigen. Diese Voraussetzung kann nach Auffassung des Gerichts weder in der kleingedruckten „(0)“ hinter den Sternbewertungen, noch in dem ebenfalls kleingedruckten Hinweis in dünner Schrift „Leider ist noch kein Eintrag vorhanden“ gesehen werden.

Quelle: LG Berlin, Urteil vom 24.09.2021 - Az.: 16 O 139/21