LG BERLIN: WERBEAUSSAGE ZUR PAUSCHALEN KOMPENSATION VON CO2-EMMISSIONEN IST IRREFÜHREND

Die Werbeaussage der hundertprozentigen Kompensation von verursachten CO2-Emmissionen eines Unternehmens und der daraus gezogene Schluss auf ein klimaneutrales Unternehmen sind nach Ansicht des LG Berlins irreführend und somit wettbewerbswidrig.

Im konkreten Fall hatte die Deutsche Umwelthilfe e.V. (Klägerin) gegenüber dem Kochboxanbieter HelloFresh Deutschland SE & Co. KG (Beklagte) verlangt, es zu unterlassen, damit zu werben, dass die Beklagte ein klimaneutrales Unternehmen sei. Die Beklagte hatte mit der streitgegenständlichen Aussage Mitte Dezember 2022 auf ihrem Internetauftritt geworben. Die Beklagte gab dabei auf ihrer Internetpräsenz an, dass die Kompensation durch Investitionen in „Grüne Initiativen“ über „Partner“ erfolge. Unter anderem hatte die Beklagte Klimazertifikate eines Waldschutzprojekts in Kenia gekauft.

Das LG Berlin gab der Klägerin recht. Die Klägerin hat nach Ansicht des Gerichts konkret dargelegt, warum der Kauf von Klimazertifikaten eines Waldschutzprojektes in Kenia nicht zu einer längerfristigen Reduzierung des Treibhausgases beitragen könne. Die streitgegenständliche Werbeaussage der Beklagten sei demnach als irreführend anzusehen, da sie geeignet erscheint, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Die Irreführung ergibt sich dabei nach Ansicht des Gerichtes daraus, dass die Werbeaussage unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Elemente aufweise. Der Durchschnittsverbraucher verstehe das Adjektiv „klimaneutral“ im Sinne einer ausgeglichenen Bilanz der Treibhausemmission, wobei die Neutralität durch Vermeidung oder Ausgleich erfolgen könne, so das Gericht. Besonders die Variante der Kompensation besitze dabei regelmäßig in hohem Maße „Greenwashing“-Potential. Der Durchschnittsverbraucher dürfe gleichwohl erwarten, dass die von der Beklagten vorgestellten Projekte, auf welche diese ihr Werbeversprechen stützt, auch geeignet sind, eine positive Wirkung auf die Klimabilanz zu erzeugen und sich nicht in einer bloßen Akkumulation von Klimazertifikaten erschöpft.

LG Berlin, Urteil vom 10.10.2023 - Az.:  102 O 15/23.